Stimmen zu Paul Wanner

Wan­ner hat den Griff für den Stoff, für Szenen, für Fülle und Span­nung, für Massen und Men­schen, und er hat die durch Erfahrung gestärkte Kraft, dies alles nicht nur syn­thetisch zu arrang­ieren, son­dern auf einen Ton, eben den Volk­ston zu brin­gen und sich dabei den­noch nicht dem Gewöhn­lichen zu verkaufen.

Siegfried Melchinger in Stuttgarter Zeitung, 12.7.1960 (Auszug)

 

Schwäbis­che Werke zu finden, die neben einer funk­tionell wirk­samen Hand­lung auch über einen geisti­gen Hin­ter­grund ver­fü­gen und das drama­tis­che Opus nicht zur bil­li­gen Kol­portage stem­peln, ist ein schwieriges Unter­fan­gen und außer Paul Wan­ner keinem gelungen.

Klaus Hey­den­re­ich, Reut­linger Naturthe­ater, 1963

 

(…) muß betont wer­den, daß Wan­ner kein lokalhis­torisches Stück geschrieben hat, das nicht über den Ort und den Anlaß hin­aus die Per­spek­tiven in größere Räume eröffnet hätte. Er ent­fal­tet die His­to­rie ins Welt­geschichtliche und gibt den hin­ter den Anlässen gären­den Kon­flik­ten eine Zus­pitzung, die in unsre Gegen­wart trifft. (…) Es ist der Respekt vor der Real­ität der Geschichte, der ihn hin­dert, jenen Schritt zu tun, der die His­to­rien zu Para­beln machen würde. Ihn reizt es, die Vorgänge, wie sie waren, ohne Sim­pli­fizierung in ihrer ganzen Fülle in den Griff zu bekom­men. Die handw­erk­liche Meis­ter­schaft, die er sich dabei im Laufe der Jahre angeeignet hat, dürfte heute kaum ihres­gle­ichen haben.

Siegfried Melchinger in Stuttgarter Zeitung, 26.7.1965 (Auszug)

 

(…) eine geistig-menschliche Dimen­sion, die in diesem Genre beispielhaft-einsam daliegt und alle üblichen Maße weit übertrifft.

Johannes Poet­hen in Stuttgarter Zeitung, 27.7.1970 (Auszug)

 

Wie hier ein Dra­matiker ganz nahe an der Wirk­lichkeit bleibt, auf alle bil­li­gen Effekte verzichtet, und doch eine Hand­lung zu führen, zu gliedern und zu steigern weiß, ist ein Zeug­nis großer Meisterschaft.

Wan­ners Spiele sind leicht, heiter, beschwingt, ver­spielt und nicht sel­ten von einer musikalis­chen Bewegth­eit, die sie dem Singspiel nähert.

Diese Stücke sind keineswegs alle von Natur aus auf die Laien­bühne beschränkt. Doch haben sie als solche, vom Heimatlichen aus­ge­hend weit über das Heimatliche hin­aus auch nach Nord­deutsch­land gewirkt und haben Hun­dert­tausende, von denen viele ein The­ater noch nie von innen gese­hen haben, dem The­ater zugeführt.

Bern­hard Blume, Paul Wan­ner, in Schwäbis­che Heimat, 1975, S. 348 (Auszüge)

 

Wenn man Ihnen auch keinen roten Läufer auslegt, lieber Herr Wan­ner, wenn Ihr öffentliches Auftreten auch nicht mit Trom­mel­wirbel die Aufmerk­samkeit auf sich zieht: Ihre Leser, Ihre Zuhörer und Ihre Kol­le­gen wis­sen, dass Ihre Wirk­samkeit darin besteht, in Schulen, The­atern, Bib­lio­theken den vie­len, zu denen Sie sprechen, Human­i­tas zu vermitteln.

In der Beze­ich­nung Heimat­dichter sehe ich keine Abw­er­tung. Mit Mar­tin Walser bin ich der Ansicht, daß wir Heimat­dichter sind und daß wir selbst den beschei­de­nen Heimat­dichtern, zu denen Sie nicht gehören, die lediglich Dor­fchro­nis­ten waren, viel zu ver­danken haben. Keine hohlen Auerbach-Idyllen waren es, in die Sie Heimat und Heimat­geschichte gegossen haben. Sie haben der Heimat­dich­tung lit­er­arischen und mensch­lichen Gehalt, ästhetis­che und moralis­che Wirkung gegeben. Ihre Resigna­tion mag daraus kom­men, daß sie in der falschen Zeit und im falschen Land leben. Nach Ihrem glänzen­den lit­er­arischen Start haben Sie die brau­nen Machthaber stolpern lassen. Dann leben Sie in einem Land, dessen Regierende ganz und gar kein Ver­hält­nis zu ihren Schrift­stellern haben, es sei denn, sie seien Hof­sänger, die den Staufer-Löwen im Ban­ner führen. (…)

Aber ist es nicht viel wichtiger, daß sie von Ihren Lesern und Kol­le­gen bemerkt und geschätzt wer­den? Ich fürchte, auch wenn sie sich an dem Mundart-Wettbewerb des Staatsmin­is­teri­ums beteiligten, Sie bekä­men keinen Preis, weil Sie den Preis­spendern nicht nach dem Maul redeten.

Thad­däus Troll an Paul Wan­ner, 1977 (Auszug), in: Susanne Ulrici, Oft habe ich Ihnen schon in Gedanken geschrieben. Briefe von und an Thad­däus Troll, Silberburg-Verlag Tübin­gen, 1992, S. 195, © Silberburg-Verlag, Tübingen.

 

Das hat nichts mehr mit Biographis­chem zu tun; es ist Lit­er­atur gewor­dene Geschichte.

Mar­garte Hanns­mann im Rund­funk 1981 zu „Erlebtes und Geträumtes“.

 

Wan­ner hat in sein Volksstück alles gepackt, was lebensvolles The­ater aus­macht, man kann nach Herzenslust lachen, und wenn man das Glück hat, Schwabe zu sein, dann hat man aus­giebig Gele­gen­heit, über sich selbst zu lachen.

Bernd Krause in Metzinger-Uracher-Volksblatt, Juni 1982 (Auszug)

 

Es ist nicht zu viel gesagt: man kön­nte an diesen Spie­len, über­wiege in ihnen das Ern­sthafte bis an den Rand des Tragis­chen oder das Heiter-Komische bis zum Pos­sen­haften, eine Ästhetik des real­is­tis­chen Freilicht­spiels entwick­eln — auch im Aspekt auf das Pub­likum. Paul Wan­ner hält seinen Land­sleuten Bild und Spiegel vor, wie sie waren, wie sie noch heute sein soll­ten und wie sie sich sehen möchten. Er zeigt gewiß nicht nur Lob­würdi­ges an ihnen, er verdeckt nicht ihre Schwächen. Es steckt eine gute Por­tion Sozialkri­tik in seinen Spie­len, Sozialkri­tik, die auch im Heute trifft. Aber sie wird so vor­ge­tra­gen, daß immer eine Gewißheit bleibt, diese Fehlgänge und Verir­run­gen sind über­wind­bar und geleiten zur huma­nen Ein­sicht, zur sozialen und indi­vidu­ellen Selb­sterken­nt­nis. Ein ver­söh­nen­der Spielschluß ist für diese Art von Volkss­chaus­pie­len obligat. Es quillt und sprudelt in ihnen von Lebens­fülle und Lebens­frische, jede Szene setzt sich in span­nende Anschau­ung um, jede Episode findet sich am rechten Platz ein, jede der vie­len Fig­uren hat feste Kon­turen und das Man­nig­faltige run­det sich zur Ein­heit. (…) In allen Unter­schiedlichkeiten wird aber die gle­iche Grund­stimme ihres Dichters Paul Wan­ner vernehm­bar: des His­torik­ers und des Märch­en­erzäh­lers, des Humoris­ten und des Moral­is­ten, des Gesellschaft­skri­tik­ers, der den Bürger zu seiner Mündigkeit ruft — und des Künstlers.

Fritz Mar­tini in Stuttgarter Zeitung, 26.7.1985 (Auszug)

 

(…) ein von Bil­dung und Ken­nt­nis des dra­matur­gis­chen Metiers nur so strotzen­der Mann. (…) Wan­ners ange­borener Hang zur Ironie und zur Komö­di­antik hat es immer ver­hin­dert, daß seine Aufk­lärung, die verdichtete Anschau­ung war, zeigefin­ger­haft daherkam.

Wolf­gang Ignée in Stuttgarter Zeitung, 7.4.1990  (Auszug)

 

Für ihn selbst war es immer ein beson­deres Anliegen, für das Natur– und Volk­sthe­ater ger­ade mit Laien eine Lanze zu brechen. „Es gibt Volk­srollen, die von keinem Beruf­ss­chaus­pieler besser gespielt wer­den kön­nen.“ (P.W.)

Rein­hard Old­eweme in Stuttgarter Nachrichten, 7.4.1990 (Auszug)

 

(…) gewisse dra­matur­gis­che und drama­tis­che Grund­prinzip­ien, die (Wan­ners) Stücke zu einem so großen Erfolg geführt haben: die raf­finierte Mis­chung aus Tragik und Komik, von Ernst und Heit­erkeit, ganz auf der Basis men­schlicher Erfahrungen.

Brigitte Bausinger, Vor­trag zum 100. Geburt­stag Paul Wan­ners, DLA Mar­bach, 3.12.1995 (Auszug)